Eine Reise nach Griechenland

Eine Reise nach Griechenland
Ein halbes Jahr ist es nun her, dass ich eine Nachricht auf Instagram erhielt. Von Areti. Sie käme aus dem Norden Griechenlands und betreue ein soziales Projekt. Und ob ich nicht Interesse habe, ihre Produkte zu kaufen. 

Das "Nein" lag mir schon auf der Zunge, da ich mich mit dem Gedanken, die Lumikello-Produkte woanders als hier in Deutschland von meinem kleinen Team fertigen zu lassen, schon vor langer Zeit auseinander gesetzt hatte; mit dem Resultat, dass ich mich jedes Mal dagegen entschied. Vor allem vor der Reise, dem Zeitaufwand, der Logistik hatte ich großen Respekt. Ein weiterer wichtiger Aspekt war, dass ich befürchtete, den Geist von Lumikello zu verlieren. Unsere Farben, unseren Stil, unsere Individualität. 

neue Ideen für Lumikello

Irgendetwas aber sagte mir, dass ich vielleicht einmal genauer hinschauen sollte. Auch weil, das Projekt, das Areti mir beschrieb, gut zu Lumikello zu passen schien. Die Frauen, die für sie arbeiten, kommen aus den muslimisch gepräten Bergdörfern. Die Männer arbeiten meist im Ausland. Jeder Euro, der dazu verdient werden kann ist ebenso willkommen wie Beschäftigung. 

Ich lies mir also ein Paket mit Proben ihrer Arbeiten schicken, die meinen ersten Eindruck bestätigten: Handwerklich nicht besser umsetzbar; am Design und den Farben müssten wir arbeiten. 

Anfang diesen Jahres - vor drei Wochen also - habe ich einen Flug nach Thessaloniki gebucht. Denn eines war klar: wenn ich in Griechenland fertigen lassen würde, dann nur, wenn ich mir die Menschen, die Arbeitsbedingungen und die Materialien vor Ort anschauen würde. 

Handarbeiten überall

 

Nun bin ich da. Mit einem Konzept in der Tasche. Auch hier wird ausschliesslich mit Reststoffen und Garnen, die niemand mehr braucht, gearbeitet. Die Garne sind ein Abfallprodukt aus der örtlichen T-Shirt-Fabrik, das unsortiert säckeweise an die Frauen geliefert wird. Auch hier sind die Farben wieder begrenzt. Wenn kein Gelb produziert wird, gibt es kein Gelb (es gibt leider sehr wenig Gelb ;-)). Sie arbeiten mit dem was vorhanden ist. Hier passende Produkte zu entwickeln, die unverwechselbar Lumikello sind aber mit dem vorhandenen realisierbar sein, ist die Herausforderung. 

 

Nach dem ersten Tag war klar, dass meine Entscheidung goldrichtig war. Wir haben zusammen gewerkelt und entworfen, Farben ausgewählt und viel gelacht. Großartig war, dass wir Häklerinnen uns auch ohne uns sprachlich wirklich zu verstehen, verstanden haben. So lustig: ich sprach englisch, sie griechisch und wir wußten genau, was die andere meint. Das ist so überhaupt nicht selbstverständlich. Sie sind handwerklich so geschickt, dass sie meine Ideen aufnehmen und Lösungen finden. Diese gemeinschaftliche Arbeit - die Entwicklung der neuen Produkte hier vor Ort hat mir unfassbar viel Freude bereitet. Es war ein sehr kreativer Prozess, dessen Anfang hier erst getan ist. 

Tag zwei begann für ich im Keller des Workshops. Farben sichten, sortieren, zusammenstellen, Ideen entwickeln. Ich schwöre euch - das ist sowohl körperlich als auch intellektuell schwere Arbeit gewesen. Säcke schleppen, auspacken, Farben suchen, sortieren. Und tatsächlich auch frustrierend, denn wie schon erwähnt sind die Farben sehr begrenzt. Ich hoffe trotzdem, für euch die allerschönsten Kombis gefunden zu haben. 

Reststoffe werden hier von mir sortiert

Und natürlich habe ich ja gesagt, als die Frauen mich in ihr Dorf einluden. In eine andere Welt. 30 Minuten in Haarnadelkurven den Berg hinauf. Ich hatte in verschlafenes Dörflein erwartet und stieg zum Ruf des Muezzins in einem lebendigen, fröhlichen 4000 Seelen Ort - Kendavros - aus. Ich lernte unfassbar gastfreundliche Menschen kennen, die mein Herz berühren.

Abschließend ließ ich es mir nicht nehmen mir endlich einmal die Fabrik  anzuschauen, wo unser Garn entsteht und da habe ich wirklich gesehen, dass es tatsächlich Reste sind, die auf einem riesigen Berg darauf warten verarbeitet zu werden. Bei MAITEX S.A. werden die Garne gefärbt. Qualitativ hochwertige Stoffe für namhafte Firmen verarbeitet. Lefteris der Produktionsleiter berichtete uns allerdings, dass die griechischen Textilverarbeiter sehr unter dem globalen Wettbewerb zu leiden haben. Viele Firmen wandern nach Indien und Bangladesh ab.

Ich habe diese Reise, die Einblicke,  und diese Menschen kennenzulernen und mit ihnen zu arbeiten als ein ganz großes Geschenk empfunden - was auch immer daraus werden wird. Denn die Zukunft dieses Projekts hängt natürlich davon ab, ob ihr unsere neuen Produkte lieben und kaufen werdet. 

Ich freue euch also zu berichten, dass bald neue Produkte aus griechischer Hand mit klarem Lumikello-Design geben wird. Teppiche aus Reststoffen und Taschen übrig gebliebenen Garnen. Individuell wie gewohnt, mit ganz viel Liebe und immer limitiert gehäkelt.Wir werden dieses tolle Projekt gemeinsam entwickeln und nun erst mal beginnen. Die Produktion in Deutschland bleibt bestehen. Taschen und Kissen häkeln wir nach wie vor Ort für euch. Die ersten neuen Produkte wird es in Köln bei unserem Pop-up-Store am 24. Februar geben. 

Danke an Areti, Bediha, Bedita, Fatme, Bengul, Meriem, Hilmie, Murfide und Gulsen. 

Ich hätte übrigens Material für drei Blogbeiträge aus dieser geografisch, kulturell und politisch besonderen Region zu berichten. Von köstlichem Essen, Straßenhunden, Wasser aus Mekka und hundert anderen Geschichten, die wert sind erzählt zu werden. Irgendwann. 

Gemeinsam mit den Frauen habe ich an neuen Produkten für Lumikello gearbeitet